Rettungsdienste in Wiesbaden sehen sich immer wieder gezwungen, ältere allein lebende Menschen ins Krankenhaus zu bringen, obwohl diese nicht unbedingt eine Krankenhausbehandlung benötigen. "Grund für die Krankenhauseinweisung ist oft nicht die Krankheit, die auch ambulant behandelt werden könnte, sondern die schlechte Versorgungssituation vieler älterer Menschen, die noch in ihrer eigenen Wohnung leben" beschreibt Dr. Petra Schönemann-Gieck die Situation. Die Diplom-Gerontologin der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg begleitete die wissenschaftliche Auswertung des Projektes. In enger Kooperation mit der Berufsfeuerwehr als Träger des Rettungsdienstes und dem Amt für Soziale Arbeit wurde ein Konzept entwickelt und eingeführt, das schon bei der ersten Begegnung mit dem Rettungsdienst die sozialen Bedarfe der betroffenen Menschen erfasst und an die Beratungsstellen beziehungsweise den Krankenhaussozialdienst vermittelt. Soziale Bedarfe, die die Versorgungssituation beeinträchtigen, können zum Beispiel häufiges Alleinsein, Überforderung der Angehörigen oder eine demenzielle Erkrankung sein.
Ziel des Projektes war und ist es, die Lebensumstände der betroffenen Menschen zu stabilisieren und Krankenhauseinweisungen aus sozialen Gründen zu reduzieren. Das Verfahren wird gut angenommen – sowohl Rettungskräfte als auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Beratungsstellen für selbständiges Leben im Alter schätzen die Kooperation als sinnvolle Ergänzung der eigenen Arbeit. Insbesondere bei Menschen, die häufig den Rettungsdienst rufen, bietet die schnittstellenübergreifende Verständigung die Grundlage für eine zielgerichtete und nachhaltige Versorgung. Sie ermöglicht einen vorbeugenden Zugang zu einer hoch gefährdeten Personengruppe und kann damit einen Beitrag zum Grundsatz "ambulant vor stationär" leisten. Zudem tragen die Erfahrungen zur Diskussion um die Notwendigkeit von Klinikaufenthalten bei, indem psychische, soziale und Umweltfaktoren berücksichtigt werden.